Die Schwangerschaft In der 22. Schwangeschaftswoche
wurde bei Tilo - nachdem im Ultraschall bei der regulären
Ultraschalluntersuchung eine zystische Struktur im Mittelbauch
aufgefallen war - eine eingehende sonographische Untersuchung durchgeführt. Dabei stellte sich zunächst
heraus, dass Tilo eine singuläre Nabelschnurarterie (SUA) besitzt und es
sich bei der oben erwähnten zystischen Struktur vermutlich um die fehlgebildete
rechte Niere handelt. Vom untersuchenden Arzt wurde eine
Fruchtwasseruntersuchung vorgenommen, deren Schnelltest (nach einigen
Tagen) und auch eingehendere Analyse aber ohne Auffälligkeit hinsichtlich
Chromosomendefekten (Trisomien etc.) blieb.
Im Laufe weiterer sonographischer
Untersuchungen wurde zudem Lungenagenesie rechts (fehlender rechter
Lungenflügel) diagnostiziert. Aufgrund der fehlenden rechten Lunge liegt bei
Tilo das Herz auf der rechten Seite. Die Ultraschalldiagnosen ließen
sich per Computertomographie bestätigen. Das größte Problem für
uns war, zunächst mit der eigentlich niederschmetternden Diagnose auf
uns gestellt zu sein, da anfangs kein Arzt eine verlässliche Prognose
abgeben konnte. Wir hatten daher das Gefühl, alleine die Entscheidung
treffen zu müssen, ob wir ein evtl. voll lebensfähiges Kind abtreiben oder ein
möglicherweise schwerst behindertes Kind austragen wollen. Glücklicherweise haben uns die
weiterbehandelnden Ärzte hier sehr gut beraten, haben ähnlich gelagerte Fälle
gesammelt und weitere Spezialisten hinzugezogen. In der 25.
Schwangerschaftswoche stand dann die Prognose: Tilo kann trotz seiner
Fehlbildungen vermutlich mit nur geringen Einschränkungen, evtl. auch völlig
unauffällig aufwachsen.
Die Geburt (09.11.2004) So kam er nun am 09.11.2004 um
10:08 per Kaiserschnitt in der Taxisklinik in München zur Welt und nach
etwas Sauerstoffzufuhr, die aber nach 2 Stunden wieder gekappt wurde, hat Tilo
seinen ersten Lebenstag bestens überstanden. Leider wurde er dennoch
sicherheitshalber auf die Kinderintensivstation des Dritten Ordens verlegt, so
dass Mutter und Sohn nun in verschiedenen Krankenhäusern - wenn auch nur 3 km
voneinander entfernt - liegen. Es stehen zwar in den kommenden Wochen sicher noch zahlreiche Untersuchungen an, aber es sieht zum jetzigen Zeitpunkt sehr gut aus. Ein erster
Steckbrief:
(1. Tag) 10.11.2004 Am Tag nach der Geburt hat man die Mama dann doch in den Dritten Orden überwiesen, so dass Tilo und Petra nun nur noch ein Stockwerk auseinander liegen. Ausserdem wurde Tilo aus der Intensivstation in die Frühgeborenenstation verlegt, weil sein Zustand stabil ist. Man hat uns in Aussicht gestellt, dass wir Tilo bald nach Hause nehmen dürfen. (2. Tag) 11.11.2004 Inzwischen hat man bei Tilo auch die Magensonde entfernt, so dass er nun nur mehr an Diagnosekabeln für Blutdruck, Herzfrequenz und Sauerstoffsättigung hängt. Bei der Visite wurde angekündigt, dass noch eine MCU und in einigen Wochen eine Szintigraphie gemacht werden müssen, die Aufschluss darüber geben, ob mit der linken Niere alle o.k. ist und ob die rechte Niere komplett funktionsunfähig ist. Ansonsten macht Tilo sich prächtig und wir dürfen ihn wickeln und herumtragen. Petra muss jetzt alle vier Stunden Abpumpen, damit die Milchproduktion in Gang kommt. Außerdem legt Sie Ihn alle paar Stunden an die Brust an. Mit Petra geht es langsam auch wieder bergauf. Diese Nacht hatte sie aber dennoch ziemliche Schmerzen; sie ist halt einfach sehr tapfer. (3. Tag) 12.11.2004 Der Tilo wurde nun in ein anderes Zimmer verlegt und liegt nicht mehr in einem beheizten Bettchen. Petra ist wieder ziemlich fit und das Stillen haut so gut hin, dass z.T. nicht mehr zugefüttert werden muss. Man merkt auch sehr gut wann er satt ist, weil wenn noch nicht, dann schreit er ;-) Die Lea hat den Tilo inzwischen schon öfters gesehen (durch die Glastür der Frühgeborenenstation) und sie ist natürlich hellauf begeistert. Die MCU wurde inzwischen abgesagt, weil es geheissen hat, dass keine ANzeichen für einen Reflux vorliegen. Wenn der Tilo kommende Woche sein Geburtsgewicht wieder erreicht hat, dürfen die beiden das Krankenhaus verlassen (Am Montag, Dienstag um den Dreh). (4. Tag) 13.11.2004 Inzwischen ist wirklich Normalität eingekehrt. Am Montag stehen noch einige Untersuchungen an (Ultraschall etc.). Heute haben wir mit Tilo einen sehr gemütlichen Nachmittag verbracht, gewickelt, gestillt, miteinander Tee getrunken und geratscht... An dieser Stelle wären nun ein paar Worte über das Personal der Frühgeborenenstation angebracht. Alle sind sehr nett, hilfsbereit und echte Vollprofis. Obwohl sicher oft Stress ist, herrscht stets gute Laune. Es ist wirklich ein perfektes Team dort! (5. und 6. Tag) 14. und 15.11.2004 Viele liebe Freunde und natürlich die Großeltern haben inzwischen den Tilo besucht. Lea hat verbotenermaßen, aber mit unserer vollsten Zustimmung Tilos Hand gestreichelt. Morgen kommen Petra und Tilo wahrscheinlich nach Hause :-) (7. Tag) 16.11.2004 Nach einem letzten Ultraschall heute Morgen durften Tilo und Petra nun wirklich heim... Tilo hat sich gleich eingelebt und erst einmal vier Stunden tief und fest im Stubenwagen geschlafen.
Lea ist natürlich hin und weg.
Nach eineinhalb Monaten Als dann der Tilo bei uns daheim war, hat er sich wirklich prächtig entwickelt. Blöderweise hat er sich dann an Weihnachten eine RS-Vireninfektion eingefangen, die für Erwachsene eine leichte Erkältung ist, bei Säuglingen aber oft schlimm verläuft. Bei Tilo wurde es dann ein längerer Krankenhausaufenthalt vom 26.12.04 bis zum 19.01.05 mit einer Woche Intensivstation inklusive künstlicher Beatmung. Darüber will ich jetzt hier gar nicht viele Worte verlieren. Neben Tilo gab es viele andere Kinder mit dem selben Virus und alle lagen arg darnieder. Seither kriegt Tilo in den "R"-Monaten die teure Synagis-Impfung, die die Wahrscheinlichkeit für solch eine Infektion minimiert. Die folgenden Monate Endlich ist Normalität eingekehrt. Ein wenig passen wir natürlich schon auf, dass niemand mit irgendeiner ansteckenden Krankheit Tilo zu nahe kommt... Bei kleineren Infekten, die Tilo inzwischen problemlos bewältigt, werden wir übrigens bestens von der lieben und höchst kompetenten Frau Dr. Riedl, die auch schon Leas Kinderärztin war, betreut. Tilo ist jetzt ein halbes Jahr alt Tilo hat das alles perfekt weggesteckt, ist offensichtlich nicht traumatisiert und ein wirklich fröhlicher Kerl... Am 24.05.05 sollte dann sein Reflux (Urin, der von der Blase zur Niere zurückläuft) operativ behoben und dabei gleich auch die rechte, dysplastische Niere, die nicht funktioniert und sich auch nicht zurückgebildet hat, entfernt werden. Wir sind dann am 23.05.05 in die Klinik und es wurde noch eine MCU (Röntgenuntersuchung mit Blasenkatheter) gemacht, um den Reflux nochmals zu untersuchen. Der operierende, überaus nette Prof. Kellnar (er war es übrigens, der als erster - noch während der Schwangerschaft - ein positive Prognose für Tilo abgab) hat uns aufgrund der Befunde kurzfristig geraten, jetzt nicht schon die geplante Operation durchzuführen, da der Ureter, in den der Urin zurückfließt, sehr dick ist. Bei der Behebung des Reflux muss nämlich der Ureter an die Blase genäht werden, damit dann eine Art Ventilfunktion erzeugt wird. Da aber der Ureter durch den Reflux eben sehr geweitet ist, müsste man viel Gewebe der Blase zerstören. Herr Prof. Kellnar hat uns daher empfohlen, zunächst den Reflux nur zu unterspritzen, eine Methode, die v.a. bei niedergradigem Reflux angewandt wird: Es wird - durch einen Katheter, der über den ... eingeführt wird - Silikon in den Ansatz des Ureter an der Blase gespritzt, wodurch sich eine Beule bildet, die die Öffnung zum Ureter verkleinert und damit den Reflux behebt oder vermindert. Hierdurch würde dann der Ureter entlastet und langsam wieder dünner und Tilo könnte die Operation vielleicht in einem halben Jahr machen. Evtl. ist der Reflux mit dem Unterspritzen sogar ganz behoben und man könnte dann die rechte Niere minimalinversiv entfernen. So wurde es dann auch gemacht, Tilo hat den Eingriff, der in Narkose gemacht wurde, perfekt überstanden und durfte die Klink am nächsten Tag schon wieder verlassen. Blöderweise bekam er am Morgen nach der Entlassung hohes Fieber, weshalb wir gleich wieder in die Klink gefahren sind, wo er gleich aufgenommen und für eine Nacht eingewiesen wurde. Wir hatten natürlich Angst, dass er sich durch den Katheter eine Niereninfektion eingefangen hat, scheint aber nur eine "normale" Vireninfektion gewesen zu sein, wie man sie sich halt einfangen kann. Tilo ist natürlich sehr tapfer. Heute verbringt Tilo die zweite Nacht wegen seiner Infektion im Krankenhaus und wir hoffen, dass er morgen nach Hause darf... Es hat dann doch noch ein paar Tage gedauert, aber Tilo hat sich gut erholt und konnte wieder heim. In den Sommerferien war eigentlich ein Campingurlaub in der Normandie geplant, allerdings hat uns eine Viruserkrankung von Tilo einen Strich durch die Rechnung gemacht. Es war wieder einmal eine gute Woche Krankenhaus inkl. einem Tag Intensivstation angesagt, weil der Virus eine starke Bronchitis ausgelöst hat. Inzwischen ist Tilo aber so proper, dass er das schnell wieder weggesteckt hat und Ende August ist sich doch noch ein schöner Urlaub in Kroatien auf Cres mit Baden, Wandern usw. ausgegangen. Seit heute, dem 19.09.05, ist Tilo wieder im Krankenhaus, weil morgen die noch ausstehende Operation wegen seinem Reflux (s.o.) durchgeführt wird. Wenn wir das überstanden haben, dürfte eigentlich endlich Ruhe sein, weil Tilo mit zunehmendem Alter immer stabiler wird. Wenn der Reflux endlich behoben ist, kann man auch die Antibiotikaprofilaxe einstellen. Nach einer Woche haben sie den Tilo wieder rauslassen. Er hat sich tapfer gehalten und auch nicht so viel rumgeturnt, weil dann hat es ihm wohl arg im Bauch gezogen. Nach einem Jahr Tilo hat sich zwischenzeitlich prima weiterentwickelt, krabbelt, zieht sich hoch und fängt an zu sprechen. Mitte Dezember gab es aber dann doch einen kleinen Rückschlag: Nach Dreitagefieber, Synagis- und Grippeimpfung, drei neuen Zähnen und Rotznase ist noch ein Virus dazugekommen, der sich auf die Lunge geschlagen hat. Mit schwerer Bronchitis musste Tilo in Krankenhaus. Weil im 3. Orden nur noch Vierbettzimmer frei waren, hat man uns dankenswerterweise im Schwabinger KH aufgenommen und sehr liebevoll betreut. Diesmal lief die Infektion weniger schlimm ab und nach fünf Tagen durfte Tilo wieder nach Hause, ohne die Intensivstation besucht haben zu müssen...
Februar 2006 Anfang Februar
hat sich Tilo wieder eine Infektion eingehandelt. Er musste spucken und
hatte 40 Grad Fieber. Nach zwei Tagen war alles wieder in Ordnung, aber
dann ist doch noch ein Atemwegsinfekt dazu gekommen. Als es
schlimmer wurde, sind wir mit ihm ins Schwabinger Krankenhaus, wo er vom 07.02.
bis zum 14.02. stationär behandelt wurde. Er musste zeitweise an den
Tropf, bekam höher dosiert Antibiotika und inhalierte
Kortisonpräparate. Die Tomographie wurde nicht mehr im Krankenhaus durchgeführt. Er ist am 01.03 wieder entlassen worden und hat sich seither sehr gut erholt. Für den 15.03.06 ist nun im Dritten Orden eine Computertomographie vorgesehen. Da Tilo sediert wird, will man auch gleich den Katheter für die noch ausstehende MCU legen. Nach den Untersuchungen wird er eine Nacht im Krankenhaus bleiben müssen. März 2006 Heute, den 15.03.06 wurde die CT durchgeführt, die ergab, dass es auf der rechten Seite zwar einen Bronchus aber keine richtige Lunge gibt, was ja eigentlich schon bekannt war. Ob die anantomische Situation Schuld an den häufigen Infekten sein kann, wird man erst nach Auswertung der Daten sagen können. Für das CT wurde Tilo arg sediert und - die Gunst der wehrlosen Stunde nutzend - gleich auch noch der Katheter für die MCU gesetzt, die gleich im Anschluss an die CT durchgeführt wurde. Da aber noch von der CT Kontrastmittel in der Niere war, hat die MCU nicht richtig funktioniert und muss deshalb leider morgen früh nochmal wiederholt werden. Insgesamt lief alles recht stressfrei ab, weil der Tilo am Morgen noch gut gefrühstückt und deswegen keinen großen Hunger verspürt hat (er durfte ja ab 8:00 nichts mehr essen). Um 13:30 hat er dann ein Zäpfchen bekommen, auf das hin er dann langsam weggedämmert ist. Die CT selbst haben wir nicht mitbekommen; wir mussten draußen warten. Während der anschließenden MCU ist er langsam wieder aufgewacht, war aber noch arg weggetreten. Jetzt ist gerade die Petra bei ihm. Ich werde dann Abends mit ihr fliegenden Wechsel machen und wieder mal eine Nacht im Krankenhaus verbringen. Vorhin hat er mir zum Abschied sogar schon wieder gewunken (mit Kusshand!). Morgen ist noch MCU und danach dann lange Ruh... Mai 2007 Tilo ist jetzt zweieinhalb Jahre alt und alles hat sich zum Besten entwickelt! Wenn er Infekte hat, lassen wir ihn zur Sicherheit auch jetzt noch mit Sultanol und Pulmicort inhalieren. Es hat nun schon lange nicht mehr die Gefahr bestanden, dass er in das Krankenhaus muss. Tilo entwickelt sich prächtig und sein handycap ist im Alltag vollkommen ausgeblendet... Dezember 2008 Inzwischen besucht Tilo - er ist jetzt vier Jahre - den städtischen Kindergarten. Dabei kommt es natürlich ab und zu zu Infektionen, die er dann zu Hause auskurieren muss. Mittel der Wahl ist bei Bronchialinfekten nach wie vor die Inhalation mit Pulmicort und Sultanol. Die Kinderärztin Frau Riedl steht uns immer mit Rat und Tat zur Seite! Im August stand die letzte Operation an. Die dysplastische rechte Niere wurde entfernt. Die OP verlief problemlos und Tilo durfte nach einer Woche wieder nach Hause. Am Bauch hat Tilo jetzt drei kleine punktförmige Narben, die langsam verblassen. Tilo feiert seinen 4. Geburtstag mit Familie und Freunden...
Letzte Aktualisierung: 24. Dezember 2008
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